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KEIN RAUM DER GEWALT – Wir sind nicht das Ende

Drei Jahre lang war sie mit Ziad Jarrah verheiratet. Ziad war ihre große Liebe. Bis er am 11. September 2001 in den USA ein Passagierflugzeug entführt und es in Pennsylvania auf einen Acker abstürzen lässt. Nie war ihr an Ziad etwas aufgefallen. Nichts, was auf diesen 11. September hätte hinweisen können.

Die Christuskirche ist seit dem Ereignis selbst mit dem 11.September eng verbunden. In ihr sammelten sich wenige Tage nach dem Anschlage Christen, Juden und Moslems, um gemeinsam den Opfern des Terrors zu gedenken. Ihre Glocken läuten nur einmal im Jahr – jeweils am 11. September, zeitgleich mit den Glocken der Kirchen New Yorks.

Es mag mittlerweile viele Theaterstücke geben, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven dem Thema nähern. KEIN RAUM DER GEWALT hat nicht ohne Grund “Wir sind nicht das Ende” ausgewählt.

“Wir sind nicht das Ende” beschreibt eine Nacht im Leben einer Frau, die mit einem der Terrorpiloten verheiratet war. Sie durchlebt eine dieser immer wiederkehrenden Nächte: War ihre Liebe eine große Lüge? Wer war dieser Mensch, den sie geliebt hat? Und wer ist sie, dass ein Mörder sie liebte? Hat er sie überhaupt geliebt? Hat sie diesen Mann, den sie liebte, gar nicht wirklich gekannt…

Das Stück basiert auf einer wahren Begebenheit: Aisha wächst in einer türkischen Familie in Deutschland auf. Sie studiert Medizin, lernt den Libanesen Ziad kennen, die beiden verlieben sich, heiraten, leben zusammen in Greifswald und Bochum – plötzlich bricht Ziad sein Studium ab, um sich in Florida als Pilot ausbilden zu lassen. Am 13. November 2001 übergibt ihr ein Beamter des BKA ein Paket von dem mittlerweile als Terrorpilot identifizierten Ziad. Unterschrieben hatte er mit “Dein Mann für immer”.

Carsten Brandau folgt in dieser intensiven Beziehungsrückschau der Frage, wie viel Distanz zwischen zwei Menschen herrschen kann, die eine Liebesgeschichte verbindet. Die Protagonistin kämpft mit der Ambivalenz der vertrauten privaten Person und der radikalen Tat ihres Mannes. In ihrer Raserei versucht sie immer wieder Erklärungen zu finden, wie sie jemanden jahrelang lieben konnte ohne seine wahre Identität und Weltanschauung zu kennen. Es entwickelt sich ein beklemmendes Wechselspiel zwischen Liebe, Hass und Entfremdung, Täuschung und Offenbarung.

Am Sonntag 16.September 2012 19:30 Uhr in der Christuskirche Bochum. Eintritt frei

„Der Gipfel ihrer List bestand darin, sogar die Banalität des amerikanischen Alltagslebens als Maske und Doppelspiel benutzt zu haben. Sie schliefen in ihren Vorstädten, lasen und studierten im Familienkreis, bis sie von einem Tag auf den andern als Zeitbomben erwachten. Die perfekte Beherrschung dieser klandestinen Existenz ist beinahe ebenso terroristisch wie der spektakuläre Akt vom 11. September. Denn sie lenkt den Verdacht auf jedes x-beliebige Individuum: Ist nicht jedes beliebige harmlose Wesen ein potentieller Terrorist? Wenn diese unerkannt bleiben konnten, dann ist jeder von uns ein unentdeckter Verbrecher (und jedes Flugzeug wird ebenso verdächtig), und im Grunde genommen ist das vielleicht sogar wahr. Es entspricht vielleicht einer unbewussten Form potentieller, maskierter und sorgsam verdrängter Kriminalität, die stets imstande ist, wenn nicht auszubrechen, so doch zumindest heimlich beim Spektakel des Bösen mitzuschwingen. Auf diese Weise verzweigt sich das Ereignis in immer feinere Verästelungen – und wird zur Quelle eines noch subtileren mentalen Terrorismus. (aus: Jean Baudrillard, Der Geist des Terrorismus)

Das Stück wurde zur deutsch-türkischen Autorenwerkstatt 2005/06 unter Leitung von Feridun Zaimoglu und Sibel Arslan Yesilay eingeladen und nahm an der “Langen Nacht der Autoren” 2006 des FFT Düsseldorf teil (Werkstattinszenierung). Von Frank Abt wurde es für die altonale 2011 in Hamburg inszeniert. Brandaus Hörspielbearbeitung erhielt mehrere Preise vom WDR, dem MDR und der ARD.

Uraufgeführt wurde es 2008 in der Regie von Manuel Harder am Schauspiel Dortmund, 2011 – zehn Jahre nach 9/11 –  neuinszeniert für dasTheater Nestroyhof – Hamakom/Wien und das Centraltheater Leipzig. 2012 Einladung zum Kaltstartfestival Hamburg.

Der Autor

Der Autor Carsten Brandau wurde mehrfach für seine Theaterstücke und Hörspiele ausgezeichnet und zu allen großen Schreibwerkstätten deutschsprachiger Theater eingeladen. Nach seiner Tätigkeit als Regieassistent an den Theatern in Heidelberg, Mannheim und Dortmund, widmete er sich ganz dem Schreiben und wird vom Münchner „Drei Masken Verlag“ verlegt. 2011 und 2012 wurde sein Stück „Die fabelhafte Familie Baader“ auf den Autorentagen am Deuschen Theater in Berlin vorgestellt und vom Thalia Theater Halle uraufgeführt. Er lebt mit seiner Familie in Hamburg.

Das .Team

Birgit Unterweger sowie die Brüder Günther und Manuel Harder gehörten dem ehemaligen Dortmunder Ensemble unter Michael Gruner an und sind nun Ensemblemitglieder des Centraltheaters Leipzig unter Sebastian Hartmann.

Als Regisseur inszenierte der Schauspieler Manuel Harder u.a. Bonaventuras „Nachtwachen“ und Else Lasker-Schülers „Ichundich“ für das Schauspiel Dortmund – und den Rezessionsrundgang und Schwarzes Loch 2 mit Guillaume Paoli am Centraltheater Leipzig.

Birgit Unterweger war in Dortmund u.a. als Nora und Hedda Gabler zu sehen – mit dem Centraltheater zu Gast bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen 2011 in „Paris-Texas“ und 2012 in „Krieg und Frieden“. Schon in der Dortmunder Uraufführung von „Wir sind nicht das Ende“ spielte sie die Rolle der Aisha.

Günther Harder spielte in Dortmund u.a. in „Phädras Liebe“ und „Doppelhaushälfte“ – und als Gast in Recklinghausen 2012 in „Zerschossene Träume“.  In der Neuinszenierung von „Wir sind nicht das Ende“ übernahm er die Rolle Ziad von Michael Kamp, der die Dortmunder Uraufführung spielte.

Raphael Tschernuth, ebenso wie Günther Harder auch Musiker der Band e.a.r, richtete die Tonspur für „Wir sind nicht das Ende“ ein.

Text: Harder

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2 Kommentare zu "KEIN RAUM DER GEWALT – Wir sind nicht das Ende"

  1. Avatar

    “Bis er am 11. September 2001 in den USA ein Passagierflugzeug entführt und es in Pennsylvania auf einen Acker abstürzen lässt.”
    Soll das die “wahre Begebenheit” sein? Ich finde es nicht unproblematisch, die “offizielle Verschwörungstheorie” der Regierung der U.S.A. derartig unreflektiert als zutreffend zu unterstellen. Diese ganze Aktion trägt damit dazu bei, die offizielle Version gegen Zweifel zu immunisieren. Sehr peinlich.

  2. Avatar

    [...] week I’ll be in Bochum at the “Bochum Bewegen” Festival with the theater play “Wir sind nicht das Ende”. I did the music and [...]

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